In der Kita meiner Kinder hat vor einer Weile eine Erzieherin geheiratet. Als sie das angekündigt hat, wussten wir alle: Sie heiratet eine Frau. Denn mit der war sie auch schon länger zusammen. Das war für niemanden bei uns ein großes Thema.
Kurz vor der Hochzeit bin ich mit meinen Kindern in ein Geschäft gegangen, um zu schauen, was wir vielleicht für die Erzieherin basteln und schenken könnten. Weil gerade Hochzeitssaison war, gab es sogar extra einen Tisch mit lauter Dingen, die zu diesem Anlass besonders passten. Unter anderem gab es da Brautpaare als kleine, fest verbundene Figürchen – die haben es meinen Kindern besonders angetan. Sofort war klar: So ein Paar wollen wir schenken. Mit großer Selbstverständlichkeit ging meine Tochter um den Tisch herum, um das Paar zu finden, bei dem zwei Bräute nebeneinanderstehen. Aber zwei Bräute gab es nicht, nur immer wieder Mann und Frau. Die Kinder konnten das gar nicht verstehen: Wieso hat der Laden denn nur diese Paare? Bevor ich antworten konnte, musste ich erst einmal innehalten, weil ich mich so sehr über ihre großen runden Augen und ihren vollkommen perplexen Gesichtsausdruck gefreut habe.
Seitdem sind zwei Jahre vergangen. Mittlerweile haben meine Kinder gelernt, dass früher Vieles vom Geschlecht abhängig gemacht wurde und die vielen Möglichkeiten und Chancen, die sie kennen, recht jung sind. Sie sagen dann immer: „Wie doof“. Oder: „Zum Glück ist das jetzt nicht mehr so.“ Letzteres sagen sie aber vielleicht bald nicht mehr.
Mein Sohn war im Kindergarten mit einem Mädchen und seiner Schwester sehr gut befreundet. Laut ihm sind sie immer noch seine besten Freunde. Aber jetzt hat das Mädchen ihn nicht zu ihrem Kindergeburtstag eingeladen. Weil er ja ein Junge ist. Als meine Kinder diese Erklärung gehört haben, sind ihre Augen wieder ganz rund geworden. Aber diesmal hatte ihr perplexer Gesichtsausdruck nicht mehr dieselbe Naivität wie damals im Bastelladen. Mein Sohn musste sehr schlucken. Eine Freundin versuchte mir dann zu erklären, dass das bei ihrem Sohn im Umfeld aber genauso sei. Normal also. Das hat mich aber nicht wirklich aufgeheitert. Was ist das für ein Verständnis von Freundschaft, bei dem man aussortiert werden kann, wenn man nicht das „richtige“ Geschlecht hat? Wollen wir wirklich, dass das normal ist?
Das erinnert mich an eine Szene, von der ein Freund mir mal erzählt hat: Ein Onkel will testen, ob sein Neffe das Wort ‚schwul‘ kennt. Er zeigt ihm ein Bild von zwei Männern, die sich küssen. „Weißt du schon, wie man das nennt?“, fragt er. Der Junge sagt sofort: „Liebe!“ Ist doch selbstverständlich.
Felicitas Pommerening schreibt für uns über die Wirren der Liebe. Ihr aktueller Roman „Freunde fürs Lieben“ ist im Berlin Verlag erschienen.
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